Torwarttraining im Fußball: So kommen Torhüter auf Zack
Torwarttrainer Jens Abrams im Interview
Dem Torwart kommt im Fußball eine Schlüsselrolle zu. Wie es gelingt, Torhüter im Training optimal auf ihren Einsatz im Spiel vorzubereiten, verrät Ihnen Torwarttrainer Jens Abrams. Entdecken Sie außerdem jede Menge Übungsbeispiele für Ihr Torwarttraining!
Torwarttraining im Fußball: Goalkeeper-Skills gezielt verbessern
Das Ziel des Torwarttrainings ist das Erlernen und Automatisieren aller wichtigen Torwarttechniken. Wie das gelingt, hat uns einer verraten, der sich bestens damit auskennt: Torwarttrainer Jens Abrams.
Der Experte: Torwarttrainer Jens Abrams
Schon als Siebenjähriger stand Jens Abrams als Spieler mit dem SV Grün Weiss Rheine am Platz. Die Leidenschaft für den Fußball ließ ihn seither nicht mehr los: Nach seiner Zeit als Spieler erwarb der Westfale Abrams die B-Lizenz für Trainer und bildete sich erfolgreich zum Torwarttrainer weiter. Durch seine Hospitationen bei Arminia Bielefeld (2. Bundesliga) und beim VFL Osnabrück (3. Bundesliga) sowie seine Zeit als DFB-Stützpunkttrainer sammelte er wertvolle Trainererfahrungen.
Heute trainiert Jens Abrams Torhüter in kleinen Gruppen von maximal vier Personen. Auf der Webseite torwart-kids.de und dem dazugehörigen Blog informiert er über das Torwarttraining für Kinder. Sein Credo: „Torwarttraining ist für mich Koordinationstraining in Verbindung mit Technik und Kraft!"
Darum ist ein spezielles Torwarttraining wichtig
Auf die Frage, warum spezielles Training für Torhüter im Fußball so wichtig ist, hat Jens Abrams eine klare Antwort: „Die Position des Torwarts ist eine Schlüsselposition im Fußball. Sie besteht nicht nur aus Fliegen und Fangen. Das mag früher vielleicht so gewesen sein, aber heute sind die Anforderungen an den Torwart stark gewachsen. Ein Grund dafür ist, dass der Torwart erster Aufbauspieler ist. Er kann das Spiel schnell machen und muss auch taktische Hintergründe kennen. Um schnelle und optimale Entscheidungen treffen zu können, bedarf es einer guten Handlungsschnelligkeit und automatisierter Abläufe. Daher ist spezielles Torwarttraining wichtig.“
Torwarttraining ist komplexes Einzeltraining
Diese speziellen Anforderungen an den Torhüter verlangen eine spezifische und zielgerichtete Vorbereitung. Daher ist es wichtig, dass der Torwarttrainer individuell auf seine Schützlinge eingehen kann: „Das Training findet in kleineren Gruppen statt. Für mich persönlich sind es maximal vier Torhüter“, erklärt Jens Abrams.
Der Vorteil ist, dass so die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Fußballtorwarts dabei im Mittelpunkt stehen: „Alleine durch die geringere Anzahl an Trainingsteilnehmern kann auf Rückmeldung detaillierter Einfluss genommen werden. Es entsteht automatisch eine deutlich engere und intensivere Beziehung zwischen den Personen. Torwarttraining ist nicht gruppentaktisch komplex, es ist komplexes Einzeltraining, denn jeder Torwart ist anders.“
Inhalte und Ablauf eines Torwarttrainings
Wie sollte ein gutes Torhütertraining aufgebaut sein? Wie kann eine typische Trainingseinheit für Torhüter aufgebaut sein? Jens Abrams hat die Antworten parat.
Inhalte: Koordination, Technik und Kraft
„Ich persönlich finde, Torwarttraining ist Koordinationstraining in Verbindung mit Technik und Kraft“, erklärt der Torwarttrainer aus Westfalen.
Mit Blick auf die Auswahl der passenden Übungen für das Torwarttraining empfiehlt er: „Die Übungen sollen im koordinativen Bereich komplex sein, aber auch die Technik schulen. Dazu kommt das Krafttraining, das zum Teil gut in Übungen integriert werden kann.“
Ablauf einer typischen Trainingseinheit
„Eine Trainingseinheit besteht bei mir aus drei Eckpfeilern“, so Jens Abrams. Dazu zählen:
- Aufwärmen: „Das Aufwärmen beinhaltet immer eine koordinative Laufübung mit Pass- und Fangtechniken.“
- Hauptteil: „Danach wird das eigentliche Thema des Trainings bearbeitet. Hier sollte man auch auf die Rückmeldung seiner Schützlinge reagieren. Fühlt sich ein Torwart zum Beispiel bei hohen Bällen unwohl, versuche ich das Problem zeitnah einzubauen.“
- Schluss: „Der Schluss beinhaltet wieder das Thema des Trainings, allerdings lasse ich hier die Torhüter im Wettkampf gerne gegeneinander antreten.“
Kreativität: Langeweile im Torhütertraining vermeiden
Ähnelt eine Trainingseinheit der anderen oder sind die Übungen wenig abwechslungsreich, kann bei den teilnehmenden Torhütern schnell Langeweile aufkommen. Dagegen kennt zwar auch Jens Abrams „leider kein Patentrezept“, aber mit dem richtigen Willen lassen sich die Trainingsinhalte variieren und mehr Abwechslung in die Übungen bringen.
Nicht jede Übung muss im Training absolviert werden, wie Abrams erzählt: „Ich lege Wert auf Stabilisierungsübungen. Allerdings bearbeite ich diese nicht im Training, sondern der Torwart soll diese eigenverantwortlich umsetzen.“ Im Torwarttraining selbst bleibt so Zeit für andere Themen, die der Goalkeeper allein nicht so gut trainieren könnte.
Eine Reihe Stabilisierungsübungen zum Mitmachen sehen Sie in diesem Video von xc-ski.de, die sich auch für das Torhüter-Training gut eignen:
Abrams empfiehlt auch, als Torwarttrainer öfter mal über den Tellerrand zu schauen: „Ich schaue mir auch gerne andere Sportarten an oder tausche mich mit Trainerkollegen aus. Es kann auch mal hilfreich sein, Alltagsgegenstände zweckentfremdend einzusetzen. Der Kreativität sind beim Torwarttraining kaum Grenzen gesetzt.“
Fußball-Übungen für Torhüter
Die richtigen Übungen sind das A und O jedes Fußballtrainings. Wir haben eine Reihe an Übungsvideos für Sie zusammengestellt, die speziell auf das Torwarttraining und die spezifischen Anforderungen an den Fußballtorhüter abzielen.
Aufwärmen
Beim Aufwärmen im Torwarttraining sollten bereits elementare Grundtechniken des Torwartspiels berücksichtigt werden. Dabei muss es keineswegs immer nach dem gleichen Schema ablaufen.
KeeperSport zeigt Aufwärmübungen für den Torwart:
Weitere Übungen zum Aufwärmen finden Sie außerdem im Magazin von torwart.de.
Koordination
Um die koordinativen Fähigkeiten des Torhüters zu trainieren und somit Erfolg im Spiel zu garantieren, muss die Verbesserung der Koordination ein fester Bestandteil im Torwarttraining sein. Idealerweise trainieren Sie die Koordination eher zu Beginn des Trainings, wenn der Torhüter noch nicht ermüdet ist.
Just 4 Keepers Austria stellt hier vier Übungen für eine bessere Koordination vor:
Hier sehen Sie Torwart-Übungen des Deutschen Fußballinternats Bad Aibling, die auf die Verbesserung von Reaktionsvermögen und Koordination abzielen:
Hechten
Kann der Ball nicht mehr erlaufen werden, muss der Torwart hechten. Damit es mit dem Hechten klappt, müssen Beinarbeit, Absprung, Körperstreckung und Falltechnik koordiniert zusammenwirken. Damit der Ball aktiv abgewehrt werden kann, sollte der Torhüter immer nach vorne hechten. Wichtig ist auch, das richtige Landen zu trainieren – so minimieren Sie die Verletzungsgefahr.
Oliver Kahn erklärt in diesem Video, wie erfolgreiches Hechten funktioniert:
Sprungkraft und Schnellkraft
Auch die Sprungkraft beziehungsweise Schnellkraft des Goalkeepers muss trainiert werden. Schnellkraft meint, eine Bewegung möglichst explosiv und schnell durchzuführen. Damit dies gelingt, muss die Maximalkraft gut ausgebildet sein. Beide Komponenten, Schnellkraft und Maximalkraft, sind die Voraussetzung für eine gute Sprungkraft.
Wie Sie Schnellkraft und Sprungkraft trainieren, zeigt Ihnen dieses Video:
Auch hier finden Sie passende Übungsbeispiele für Ihr Goalkeeper-Training:
Auch Trainer Steffen Reichel zeigt in seinem Video, wie Torhüter die Sprungkraft trainieren können:
Mentale Stärke des Torwarts trainieren
Kraft und Technik allein machen noch keinen guten Torwart aus. Hohe Konzentration und der richtige Umgang mit Fehlern sind genauso wichtig. Wir haben deshalb bei Jens Abrams nachgefragt, was beim Mentaltraining für Torhüter zu beachten ist.
Mentale Vorbereitung auf das Spiel
Er erklärt, wie die mentale Vorbereitung auf ein anstehendes Fußballmatch aussehen kann: „Ich finde, es ist wichtig, dass sich jeder Torhüter seine eigene Spielvorbereitung erstellt. Da gehört das Verhalten vor dem Spieltag genauso dazu, wie das Verhalten am Spieltag vor dem Spiel. Optimal ist es, wenn ein einheitliches Aufwärmprogramm erstellt wird, welches vor dem Spiel durchlaufen wird. Es soll dem Torwart dabei helfen, die Konzentration zu finden. Zwischen Aufwärmen und Anstoß können noch kleine mentale Übungen eingebaut werden, damit der Torwart zum Spiel voll da ist.“
Mentale Stärke während des Spiels
Auch während des Spiels muss ein Torwart die Nerven behalten. Hier hilft es, die richtigen mentalen Techniken zu kennen und abrufen zu können.
„Fehler passieren zum Beispiel, weil man unkonzentriert ist, zu viel will oder sich einfach nur verschätzt“, so Torwarttrainer Abrams. „Das ist menschlich, man muss sich aber als Torwart darüber im Klaren sein, dass ein Fehler meist zum Tor führt.“
Nach einem Tor den Kopf in den Sand zu stecken, muss ein Torwart vermeiden: „Ist der Fehler passiert, muss man damit umgehen können. Ein Fehler kann wie Treibsand wirken. Auf keinen Fall sollte die nächste Aktion mit 110%, oder gar 120%, angegangen werden. Das führt zu mentaler Verkrampfung. Wichtig ist, dass man aus kleinen Aktionen wieder Kraft schöpft, sich selber sagt: „Ich kann das!“. In gewissen Situationen kann es auch wichtig sein, dass der Torwart Selbstgespräche führt. Das hilft ihm unter Umständen im Spiel zu bleiben oder auch 1 gegen 1 Situationen zu meistern. Spieler dürfen versuchen, Torhüter müssen funktionieren!“
Lesen Sie mehr zu diesem Thema in unserem Artikel über mentales Training im Sport.
Jens Abrams Tipps für Ihr Torwarttraining
Das Zusammenstellen der passenden Übungen und auf dem Platz Anweisungen geben macht noch keinen guten Torwarttrainer aus.
"Klare Ansichten"
Jens Abrams findet: „Der Torwarttrainer sollte klare Ansichten haben und seine Sichtweise begründen können.“
„Übungen sauber durchführen“
Außerdem ist beim Trainieren die richtige Einstellung entscheidend: „Für mich ist es nicht wichtig, wie schnell eine Übung umgesetzt wird. Man sollte lieber die Übung langsam und 100% sauber durchführen, als zu schnell und falsch. Es geht darum, dem Torwart Lösungen an die Hand zu geben, die er im Spiel automatisiert abrufen kann.“
Vorankommen und dabei Spaß haben
Gleichzeitig ist es wichtig, dass das Torwarttraining nicht als Quälerei empfunden wird, sondern die Entwicklung des Torhüters fördert und ihn voranbringt.
„Für mich ist es wichtig, dass der Torhüter mit einem guten Gefühl, für das Spiel, aus dem Training geht“, sagt Abrams. „Klar, es sollte abwechslungsreich und fordernd sein, aber es sollte dem Torwart auch das Gefühl des Weiterkommens vermitteln. Ihm zeigen, dass ein Prozess im Gange ist, der ihn besser macht, der ihn nach vorne bringt, der ihn auf kommende Aufgaben vorbereitet. Eines zum Schluss: Es muss aber auch Spaß machen!!!“
Wir bedanken uns bei Torwarttrainer Jens Abrams sehr herzlich für das spannende Interview!
Mehr Tipps und Wissen rund um Fußball finden Sie im owayo-Magazin. Lesen Sie im Interview mit Trainer Daniel Drißler, wie Sie ein Fußballtraining richtig planen und durchführen, schmunzeln Sie über Fun Facts zum Thema, warum das Trikotausziehen im Fußball verboten ist, oder lesen Sie, wie Sie einen Sponsor für Ihre Hobbymannschaft finden.
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Bilder: Beitragsbild: ©gettyimages/Dmytro Aksonov; Bild1: ©gettyimages/©Jens Abrams; Bild 2: ©gettyimages/Dmytro Aksonov; Bild 3: ©gettyimages/ master1305; Bild 4: ©gettyimages/ ilbusca; Bild 5: ©gettyimages/ OSTILL; Bild 6: ©gettyimages/ fatihhoca; Bild 7: ©gettyimages/ CasarsaGuru; Bild 8: ©gettyimages/ DragonImages