Machen Sie Karriere als Trainingswissenschaftler
Michael Veith und Josef Wiemeyer über ihren Traumjob
Sie wollen Karriere im Sportbusiness machen? Als Trainingswissenschaftler gehen Sie einem vielfältigen und spannenden Beruf nach. Michael Veith und Prof. Dr. Josef Wiemeyer verraten Ihnen im Interview, warum sie ihren Job lieben und was ihre Aufgaben als Trainingswissenschaftler sind. Lesen Sie außerdem, mit welchem Studium Ihrer Karriere als Trainingswissenschaftler nichts mehr im Weg steht.
Was sind Trainingswissenschaften?
Die Trainingswissenschaft ist eine Teildisziplin der Sportwissenschaft. Aber mit was beschäftigt sich eigentlich ein Trainingswissenschaftler? Leistungsdiagnostik, Techniktraining und die Verbesserung von Trainingsmethoden gehören zu seinen Aufgaben. Sein Ziel: Das Training so zu optimieren, dass der Sportler im Wettkampf das Bestmögliche leisten kann. Dazu braucht ein Trainingswissenschaftler Wissen aus den unterschiedlichsten Disziplinen: Naturwissenschaften, Sportmedizin, Psychologie und Pädagogik.
Wir haben zwei Trainingswissenschaftler befragt, wie sie dieses Wissen anwenden und wie ihr Arbeitsalltag als Trainingswissenschaftler aussieht.
Interviewpartner Michael Veith
Michael Veith ist studierter Diplom-Sportwissenschaftler und arbeitet beim Olympiastützpunkt Bayern. In Ruhpolding betreut er als Trainingswissenschaftler Leistungssportler aus dem Bereich Biathlon und Ski-Langlauf.
Interviewpartner Prof Dr. Josef Wiemeyer
Prof. Dr. Josef Wiemeyer ist am Institut für Sportwissenschaft der TU Darmstadt tätig. Seine Karriere als Trainingswissenschaftler begann er mit einem Lehramtsstudium für Sport und Latein, promovierte dann in Sportmedizin, bis schließlich die Habilitation in der Sportwissenschaft folgte. Heute gehören vor allem Bewegung, Training und Sportinformatik zu seinen Arbeitsbereichen.
Was mache ich als Trainingswissenschaftler?
Im Gespräch mit Michael Veith und Prof. Dr. Josef Wiemeyer wird schnell klar, dass die Trainingswissenschaft sehr vielfältig ist. Laut Wiemeyer befasst sich die Trainingswissenschaft mit „ganz unterschiedlichen Bereichen (vom Verein über Schule und Klinik bis zum eigenen Wohnzimmer), mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen (Kinder, Jugendliche oder junge und ältere Erwachsene; Trainierte, Untrainierte; Gesunde, Kranke) und mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen (z. B. Leistungsverbesserung, Gesundheit oder Spaß)“.
In Veiths Fall ist das Ziel klar: Zusammen mit den Trainern am Olympiastützpunkt will er die Athleten zum Erfolg führen. Sein Arbeitsalltag ist dabei durch die Wettkämpfe der Sportler strukturiert. So ist er im Frühjahr hauptsächlich damit beschäftigt, Diagnostiken durchzuführen und das Training anzupassen. In den Sommermonaten – der arbeitsintensivsten Zeit – widmet er sich dann dem Technik- und Krafttraining. Dabei ist er auch viel draußen unterwegs. Außerdem überprüft er mittels Videoanalysen die Trainingsfortschritte und passt das Training an, sodass die Athleten in den Wintermonaten das Beste aus sich herausholen können.
Auch Trainingswissenschaftler in der Forschung wollen das Training optimieren und überprüfen neue Trainingsmethoden und -mittel. Wiemeyer forscht zum Beispiel zum Thema „Dehnen im Sport“. Und auch das ist alles andere als eine Aufgabe, die man nur vom Schreibtisch aus erledigen kann. Nach Möglichkeit führt er zahlreiche Experimente durch. Dennoch sagt er: „Natürlich arbeitet man als Trainingswissenschaftler auch theoretisch. Bevor man zum Beispiel Experimente durchführt, sollte man sich überlegen, welche Einflussgrößen wie Dauer und die Intensität des Dehnens überhaupt relevant sind und über welche Mechanismen diese beiden Parameter wirken.“
Trainingswissenschaftler und Trainer – Wo liegt der Unterschied?
Im Gegensatz zu den Trainern am Olympiastützpunkt widmet sich Trainingswissenschaftler Veith hauptsächlich dem wissenschaftlichen Aspekt. Trainingsplanung und Durchführung des Trainings sind Aufgaben der Trainer. Veith übernimmt dabei eine beratende Funktion. Er hilft dem Trainer bei Trainingssteuerung und Techniktraining.
Übrigens: Ein Trainerschein ist keine Voraussetzung für den Beruf als Trainingswissenschaftler. Die Inhalte des Trainerscheins und des sportwissenschaftlichen Studiums sind ähnlich. Nur der sportartspezifische Bezug fehlt laut Veith im Sportwissenschaftsstudium.
Ist der Beruf der richtige für mich?
Wir haben Michael Veith und Josef Wiemeyer gefragt, was neben der Begeisterung für den Sport noch wichtig ist, um langfristig viel Freude in dem Beruf als Trainingswissenschaftler zu haben.
Interesse an Naturwissenschaften
Veith rät dazu, den Anteil an Mathe, Physik, Chemie und Biochemie im Studium nicht zu unterschätzen. Dennoch sollten Sie sich davon nicht abschrecken lassen: „Im Studium hat mir das durch den Praxisbezug viel Spaß gemacht. Die Inhalte waren nicht so abstrakt wie in der Schule und ich habe gemerkt, dass man das Wissen anwenden kann. Man lernt zum Beispiel: Wie funktioniert der Körper? Wie funktioniert die Energiebereitstellung? Wie passt sich der Körper an die Belastung an?“
Neugier und Skepsis
Laut Wiemeyer sollten Sie für den Beruf eine Portion „Neugier gepaart mit ‚gesunder‘ Skepsis“ mitbringen: „Eine der wichtigsten ‚Qualifikationen‘ ist die Bereitschaft beziehungsweise Fähigkeit, sich auf Fragestellungen der Trainingswissenschaft einzulassen, alle Aussagen zum Training kritisch zu hinterfragen (sowohl theoretisch als auch empirisch). Allzu oft werden vollmundig immer neue ‚Revolutionen im Training‘ ausgerufen, die sich bei genauem Hinsehen als überzogene Versprechungen herausstellen.“
Spaß am Umgang mit Menschen
Egal, ob Sie eine Anstellung an der Universität oder an einem Olympiastützpunkt bekommen: Sie sollten gut mit Menschen umgehen können. Als Trainingswissenschaftler müssen Sie Ihre Ratschläge so formulieren, dass sie von den Sportlern mit unterschiedlichstem Bewegungsverständnis umgesetzt werden können. An den Universitäten sind Sie in der Lehre tätig. Bereits im Studium erhalten Sie deshalb Einblicke in die Sportpädagogik, -didaktik oder -soziologie.
Faszination Trainingswissenschaft
Die Gründe, Trainingswissenschaftler zu werden, sind vielfältig – die Freude am innovativen Arbeiten, die Zusammenarbeit mit jungen Sportlern oder der Wille, noch effizienter zu trainieren. Josef Wiemeyer hat diesen Berufsweg aus folgendem Grund eingeschlagen:
„Es ist diese Vielfalt an Herausforderungen, die mich besonders reizt: Da ist ein komplexes, ungelöstes Problem. Wir zerlegen es in kleinere Teile, überlegen, wie wir das Problem erfolgreich erforschen können, welche Erkenntnisse bereits vorhanden sind, planen unsere Untersuchungen, führen sie durch, werten sie aus und ziehen unsere Schlüsse – oder stellen fest, dass wir noch weiter forschen müssen, bevor wir belastbare Schlussfolgerungen ziehen können. Das Wissen der Trainingswissenschaft zu erweitern, die eigenen Standpunkte mit anderen zu diskutieren und sie an interessierte Studierende weiterzugeben, das ist eine Tätigkeit, die mir immer noch sehr viel Spaß und Befriedigung verschafft. Auch diese Verbindung von Forschung und Lehre – besonders an der Technischen Universität Darmstadt mit ihren zahlreichen Kooperationsmöglichkeiten – motiviert mich besonders.“
Michael Veith wollte sich ursprünglich auf Sportökonomie spezialisieren. Im Studium der Sportwissenschaft hat er als Sportler dann aber schnell seine Leidenschaft für die Trainingswissenschaft entdeckt und beschloss: „Das will ich lernen, damit ich anderen Leuten später helfen kann, das Training besser zu gestalten. Um Bewegungen zu analysieren und den Leuten beim Bewegungstraining zu helfen, besser vorwärts zu kommen, als es in meiner Generationb der Fall war. Das hat mir Spaß gemacht und mich motiviert. Ich habe gemerkt: Wenn ich das weiß, kann ich besser vermitteln und effektiver arbeiten. Und das kann was bringen – den Trainern und den Sportlern, die ich dann mal betreue.“
Trainingswissenschaftler werden – So klappt’s!
Trainingswissenschaftler werden Sie mit einem Studium an der Hochschule. Wie das Studium zum Beispiel an der TH Deggendorf abläuft, zeigt dieses Video:
Sportwissenschaftliche Studiengänge
Nicht nur an der TU Darmstadt, an der Prof. Dr. Wiemeyer lehrt, können Sie die Basis für Ihre Karriere als Trainingswissenschaftler legen. Auch viele andere Hochschulen bieten Studiengänge mit sport- und trainingswissenschaftlichen Aspekten an. Diese Studiengänge befassen sich zum Beispiel mit den folgenden Inhalten:
- Angewandte Trainingswissenschaft
- Sportwissenschaft
- Sport und angewandte Trainingswissenschaft
- Sport und Technik
Unser Tipp: Werfen Sie einen Blick ins Modulhandbuch der Studiengänge. So sehen Sie, was Sie wirklich erwartet. Letztlich führen aber viele Wege zum Ziel.
Die richtige Hochschule finden
Informieren Sie sich am besten online über die Hochschulen. Dort finden Sie aktuelle sportwissenschaftliche Studiengänge. Diese Portale helfen Ihnen:
Spezialisierung in Studium und Beruf
In vielen Studiengängen und insbesondere im Master können Sie sich spezialisieren. So können Sie in Ihrem sportwissenschaftlichen Studium mehr zur Teildisziplin Trainingswissenschaft lernen.
Wiemeyer empfiehlt Ihnen für und nach dem Studium außerdem:
„Sorgen Sie für ein breites wissenschaftliches (und sportpraktisches) Fundament. Ein guter Trainingswissenschaftler muss immer die interdisziplinäre Natur seiner Fragestellung im Auge haben. Auf dieser breiten Basis ist auf jeden Fall auch eine Spezialisierung sinnvoll und erforderlich. Man kann nicht Experte für alle Fragen der Trainingswissenschaft sein. Allein Gebiete wie das Kraft-, Ausdauer-, Flexibilitäts- oder Techniktraining, das Gesundheitstraining oder das Leistungstraining sind schon so komplex, dass man sich auf jeden Fall spezialisieren muss – aber auf einer breiten Basis.“
Weitere Berufe im Sportbusiness
Mit einem Studium der Sportwissenschaft sind Sie in jedem Fall breit aufgestellt. Mit diesem Studium haben Sie auch die Möglichkeit, sportökonomisch tätig zu sein und zum Beispiel Sportmanager zu werden. Informieren Sie sich zudem über Berufe im sportmedizinischen Bereich und machen Sie eine Ausbildung zum Sportphysiotherapeuten.
Bildnachweis: Titelbild: © gettyimages/KatarzynaBialasiewicz, Bild 1: © Michael Veith, Bild 2: © Josef Wiemeyer, Bild 3: © Michael Veith, Bild 4: © Michael Veith